Den Herbst und mich verbindet eine Hassliebe. Während andere davon sinnieren in bunte Laubhaufen zu springen und die letzten wärmenden Strahlen der Herbstsonne zu genießen, kostet mich das nur ein Augenrollen.
Seien wir mal ehrlich: Der Herbst ist unaufrichtig und tückisch. Du schaust morgens aus dem Fenster, die Sonne scheint. Der Blick aufs Thermometer zeigt jedoch irgendwas unter 10 Grad. Man weiß nie, was einem der Tag bringt. Morgens langarm mit Thermostrumpfhose, beim Verlassen des Büros auf einmal kurzarm und strumpfhosenlos. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ich die einzige Person bin die das nervt. Ich bin nun mal ein Kind des Sommers und somit ist der Herbst für mich nicht mehr als ein notwendiges Übel.
Jedoch gibt es da eine Sache die den Herbst dann doch erträglich macht: Das Essen (Überraschung...!). Meine liebsten Gemüsesorten sind im Herbst erntereif: Kürbis, Kraut, Kohl & Rüben lassen mein Herz höher schlagen. Diese Vitaminbomben bringen mich tatsächlich meist gut gelaunt durch den ganzen Winter. Hokkaidokürbis in Spalten geschnitten auf dem Backblech verteilt, Öl und Rosmarin- oder Chilisalz drüber und ab in den Ofen - fertig ist mein Wohlfühlessen. Rote Rüben aus dem Dampfgarer mit Kürbiskernöl und Balsamico - mehr brauchts für mich abends nicht. Mein Vorsatz - nämlich Großteils vegetarisch zu leben - fällt mir da nicht besonders schwer - denn im Herbst ist das Gemüse für mich der absolute Star! Und die Weintrauben... Spätestens wenn ein vergorener Duft durch die burgenländischen Gassen zieht und Wolken voller Mingerl (Fruchtmücken) den Himmel zieren, weiß man: DER SOMMER IST VORBEI. Als Weinliebhaberin freue ich mich dann auch schon auf den ersten Sturm - der mir in meiner Kindheit von meinen Onkels (nur 10 & 11 Jahre älter als ich und so richtige Lausbuben) mit den Worten "Janine, das ist eh noch Traubensaft! Glaub's uns ruhig!", direkt aus dem großen Bottich im Stadl meines Opas angeboten wurde - bis meine Oma sie verjagt hat. Mittlerweile darf ich Sturm ja auch offiziell trinken und genieße das jedes Jahr aufs Neue. Ist er doch zeitlich begrenzt und gerade dadurch überaus besonders.

Unvergessen bleibt auch das Nussklauben. Wer die Region rund um den Neusiedler See schon mal besucht hat, kennt die Vielzahl an Nussbäumen, welche Straßen und Feldwege säumen. Spaziergänge im Herbst werden begleitet von einem vertrauten Knirschen unterm Schuh wenn eine Nuss zertreten wird. Säckeweise Nüsse habe ich meiner Oma nach Hause gebracht, welche sie ausgelöst und zu unseren liebsten Mehlspeisen weiterverarbeitet hat. Hinter dem besagten Stadl meines Opas war ein besonders schönes Exemplar von einem Nussbaum, mit Walnüssen so groß wie Überraschungseier. Die Kerne umgeben von einer dicken Haut die sich frisch jedoch ganz einfach abziehen ließ. Irgendwann war der Baum weg. Der Geschmack dieser großen, fleischigen Nüsse ist mir aber bis heute in Erinnerung geblieben.
Und jetzt, während ich tippe fällt mir dann auf, dass der Herbst vielleicht doch gar nicht so schlimm ist.
Lieber Herbst! Beste Freunde werden wir nicht, aber für gute Bekannte die sich einmal im Jahr freundlich grüßen sollt's reichen.
PS: Wer einen Nussbaum wie den hinter meinem Großelternhaus weiß, darf mir gerne unter janine@pirschkaefer.at eine kurze oder auch längere Nachricht schreiben. ;-) Update 2023: Ich habe noch immer keinen derartigen Baum gefunden.
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